"Nimm dein Glück in die Hand!" oder: Vom achtsamen Wahrnehmen der kleinen Momente
- bettinastrunk
- vor 5 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen

Am Morgen nach dem Zeitzeich(n)en sitze ich in einem meiner Lieblingscafés in Köln- Ehrenfeld und nehme den ersten Schluck meines Cappuccinos (mit Hafermilch natürlich). Ein Glücksgefühl macht sich breit. Und ist direkt wieder weg? Nein. Überhaupt nicht. Es bleibt noch, weil ich das ganze Setting als beglückend erlebe. Und ich weiß, dass es noch eine ganze Weile bleibt, auch wenn ich das Café schon längst verlassen habe. Aber reicht das zum Glücklich-SEIN?
Am gestrigen Abend zeichnen wir zu meiner Einladung „Nimm dein Glück in die Hand!“ Diese Einladung hätte ich niemals ausgesprochen, wäre ich nicht 100-prozentig davon überzeugt, dass das möglich ist. Aber wie?
In der Vorbereitung lese ich viel darüber: über die Forschungsergebnisse der Positiven Psychologie, dem PERMA-Modell von Martin Seligman, von Glücksfaktoren und, und, und. Letztendlich sind dies zwar Belege dafür, dass ich selbst die entscheidenden Weichen stellen kann. Aber ich vermisse bei all den durchaus sehr interessanten Fakten das Individuelle. Denn mir fallen gleich mehrere Menschen ein, für die dies gerade nicht so leicht ist – das eigene Glück in die Hand nehmen. Aber habe ich das gesagt? Dass es leicht ist?
In einem anderen Zusammenhang lese ich, dass wirklich jeder Mensch Ressourcen in sich trägt. Jeder Mensch! Krass! Denn oft genug fallen mir meine eigenen nicht ein, und so wird es doch auch noch Millionen anderer Menschen gehen. Dann tut es so gut, dass ich zumindest das Wissen von meinen Ressourcen habe, auch wenn ich sie noch nicht erkenne, und einen anderen Menschen brauche, der mich daran erinnert. Dann werden sie auf einmal lebendig und geben mir Kraft und Stärke. Deshalb gebe ich so gerne Workshops zu genau diesen Themen, weil es in mir ein Glücksgefühl (da ist es wieder!) erzeugt zu sehen, wie meine Teilnehmer*innen über das ganze Gesicht strahlen, wenn sie beim neurographischen Zeichnen genau diese Stärken und Ressourcen wahrnehmen – körperlich und emotional. So schön!
Doch nun nochmal zurück zu meiner Einladung. Was glücklich macht, ist komplett unterschiedlich, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass Martin Seligman mit seinem Modell vollkommen richtig liegt: Beziehungen, Sinn in meinem Tun oder mich für andere stark zu machen - all das ist eben unglaublich glücklich machend. Natürlich sind meine Glücksfaktoren dennoch andere als die einer 25-jährigen. Und noch dazu spielen sich Glück und Glücklichsein auf unterschiedlichen Ebenen ab.
Im Deutschen gibt es keine Unterscheidung. Anders als im Englischen - luck, pleasure, happiness - kennen wir nur Glück. Egal, ob ich von dem kurzfristigen Glück spreche oder von Glück als Zustand. Letztendlich kommt es auf meine Haltung an, wie ich Situationen, Umstände, Begegnungen bewerte. Wie sehr ich meinen Blick weite, um auch die scheinbar kleinen Dinge zu bemerken: eine liebevolle Umarmung, das Lächeln einer fremden Person auf der Straße. Oder eben der erste Schluck Cappuccino. Wenn ich allerdings die Messlatte zu hoch anlege, werde ich so viel weniger Glück erleben. Und bis zur Enttäuschung ist es dann nur noch ein schmaler Grat.
Ich denke, Glück erleben und Glücklichsein als Haltung anzunehmen, hat auch viel mit Dankbarkeit zu tun. Beides erfahre ich nur, wenn ich achtsam bin. Dann spüre ich das warme Gefühl, das meinen Körper durchströmt, nehme Momente wahr, die sich mir präsentieren, als wären sie nur für mich gemacht. Das ist für mich Glück. Und wie oft ich es erlebe, habe ich tatsächlich selbst in der Hand.
„Noch einen Cappuccino, bitte!“
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